Ich habe vor einiger Zeit zwei Lamastuten gekauft. Emily und
Pacari (Mercedes) sind Menschen kaum gewöhnt und vor allem Pacari fängt an, angstvoll zu zittern, wenn man sie ans Halfter nehmen will. Aber sie kann ja nichts dafür und ich mache sie auch nicht verantwortlich. Die ersten Wochen haben wir damit verbracht, ihnen Vertrauen zu uns einzuflößen. Inzwischen rennen sie nicht mehr panisch davon, wenn man ihnen zu nahe kommt. Im Gegenteil: sie kommen sogar neugierig heran, wenn man ein paar bestimmte Bewegungen macht.
Sie ans Halfter zu nehmen, ist natürlich eine andere Sache. Vor allem Emily stellt uns beim Einfangen jedes Mal vor eine neue Herausforderung. Während wir mit ihr vor einigen Wochen spazierengingen, hat Pacari beim Laufen ein größeres Problem. Keine Ahnung, wer sie anfangs in ihrer Jugend trainiert hat, aber eine besonders gute Arbeit wurde da nicht verrichtet. Der Verkäufer war es auch nicht .....
Man stelle sich ein großes, leichtfüßiges braunes Classic-Lama mit elegantem, langbeinigen, kraftvollen und trotzdem recht zierlich wirkenden Körperbau vor. Große Augen und weiche Nüstern runden das Bild ab. Beide Ohren haben früher Ohrmarken gehabt - bei einem Ohr scheinen sie herausgerissen zu sein. Außerdem ist sie bereits ca. 8 Jahre alt und hat entsprechend verschiedene Tricks des Ausweichens und natürlich des Ausschlagens gelernt. Letzteres haben wir komplett ignoriert und einfach nur aufgepaßt, daß wir nicht in der "Schußlinie" standen. Heute war eine intensivere Trainingsstunde angesagt. Wir schafften es, daß sie uns trotz Zittern vertraute, sich bei einer Umarmung an uns lehnte (ähnlich wie bei den
Waldo-Chronicles) und wir dann loslaufen konnten.
Ich gebe ehrlich zu, daß hier schnelle Reaktion, blitzartige richtige Entscheidungen, eine ruhige Hand und viel Erfahrungen nötig waren, um das Lama vor allem anfangs in den Griff zu bekommen. Das Tier ist nicht nur ausgewachsen, sondern hat auch die nötige Kraft für ihr Alter. Ein (kleines) Problem war, daß sie viel größer ist als ich in ihrer Kopfhöhe und erst im Zickzack hinter mir lief und dann immer mal wieder auf meiner linken Seite. Jeden Augenblick konnte sie lospreschen. Das geschah auch ein paar Mal. Das Resultat davon: ein stabiler Führstrick würde sich von hinten genau um meinen Hals schlingen - und zwar innerhalb von Sekundenbruchteilen. Man kann sich also vorstellen, wie stark ich aufpaßte und schnell ausweichen mußte .... Ein paar Tricks und Runden um mich herum bremste ihre panische Gangart ein wenig. Ich redete beruhigend auf das Tier ein und sie schien mir nach einer Weile zuzuhören.
Dann wurden wir vom Regen überrascht und suchten unter einem Baum Unterschlupf. Mein Mann hatte Mara mitgenommen, damit sie durch gutes Vorbild glänzen konnte. Aber Pacari ist ranghöher und Mara hatte sowohl durch das Unwetter als auch durch die Nervosität der älteren Stute nicht so ganz den Vorführeffekt, den wir uns erhofft hatten. Das Stehen unter dem Baum half aber, daß die Angst der Stute sich verringerte. Auf dem Rückweg lief sie im Vergleich zum Hinweg relativ gut hinter mir her. Sie hatte wohl inzwischen verstanden, daß wir ihr nichts Böses oder Schmerzhaftes angedeihen lassen würden und ich sie auch gern auf meiner rechten Seite haben wollte. Mit einigen Handbewegungen verbat ich mir auch das "vor-mir-Laufen". Nach unserer halben Stunde ging sie erstaunlich gut neben mir wieder auf den Hof. Auch zitterte sie nicht mehr unkontrolliert. Ich verbuchte das freudig unter Trainingserfolg und lobte sie nochmals ausgiebig, bevor sie wieder in die Stutenherde entlassen wurde.
Die Lektionen werden in den nächsten Wochen regelmäßig wiederholt. Ich hoffe, daß aus ihr danach eine gut führbare, nette Stute wird. Intelligent genug ist sie auf jeden Fall - und lernfähig offensichtlich auch. Sie hat auch einen netten Charakter. Ich glaube, sie hat einfach nur zu viele schlechte Erfahrungen gemacht. Ruhe, Geduld, Vertrauen, Erfahrung im Lamatraining, die richtigen Zeichen und positive Trainingseinheiten sind hier der Schlüssel zum Erfolg. Ich habe Hoffnung ......