Sehr geehrte Frau mit der Alpakavision, die heute nachmittag unangemeldet vor meiner Tür stand,
Sie haben meine zu Besuch weilende Mutter erwischt und da ich zufällig auf dem Weg nach einer zusätzlichen Wasserleitung vorbeikam, haben Sie mich angetroffen. Sie haben mir Ihre Geschichte erzählt und obwohl ich keine Zeit hatte und mir auch gerade mein Mittagessen holte (ich hatte bis zu dem Zeitpunkt noch nichts gegessen), habe ich mich bereiterklärt, Sie zu den Tieren zu lassen und Ihnen auch einige Leckerlis für die Tiere zu geben. Ich hatte mich mental von meiner Mittagspause verabschiedet und mir dafür Zeit für eine kostenlose kurze Tour für Sie eingerichtet. Ich habe Ihnen mitgeteilt, wie der Weg zur Weide verläuft, den Sie 400 m laufen sollten. Ich bin mit meiner Ladung Wasserschläuchen und zusätzlichem Material nachgekommen. Ich habe Ihnen gesagt, dass Sie dort kurz warten müssen.
Sie sind entgegen meiner Ausführung mit dem Auto gefahren. Einen Weg, der außer für Spaziergänger nur für Geländewagen und Traktoren ausgelegt ist - und bei Letzten auch nur ausnahmsweise. Der Weg ist eindeutig NICHT für Autos gedacht. Abgesehen davon ist das Befahren von unbeschilderten Feldwegen in Brandenburg nicht gestattet. Ich habe meine Ladung aufgenommen und den eigentlichen Wirtschaftsweg außen herum genommen. Dann habe ich Sie nicht gesehen - ich bin extra nochmal herumgefahren, weil ich dachte, dass Sie meine eindeutige Wegerklärung irgendwie mißverstanden hätten. Ich habe Sie ca. 5-10 Minuten gesucht. Und dann habe ich aufgegeben und bin wieder in die Weide hinein. Dort wartete ein Helfer/Praktikant, der inzwischen etwas an meiner Pumpe installiert hatte. Er teilte mir mit, dass Sie mit dem Auto auf der Wiese herumfuhren (dort hinten fahren übrigens nur Traktoren und Jäger) und dann ihn ansprachen. Sie wollten hinein und meine Tieren füttern. Er wußte noch nichts von Ihnen - wie sollte er auch? Ich war ja noch nicht zurück. Natürlich ließ er Sie nicht herein!! Und natürlich gab er Ihnen auch nicht die Erlaubnis, meine Tiere zu füttern!! Alle Leute, die hier helfen oder ein Praktikum absolvieren, haben strikte Anweisung, keinen Fremden, egal, was er oder sie sagt, ohne meine ausdrückliche Erlaubnis oder Anwesenheit auf die Weide zu lassen. Ist doch selbstverständlich, oder? Außerdem teilte er Ihnen mit, dass ich wahrscheinlich in 10-15 Minuten wieder auftauchen würde.
Und jetzt kommt der Punkt, den ich nicht verstehe: Sie hatten eine Vision, wollten ein Alpaka füttern und streicheln, haben daraufhin meine Kontaktadresse herausgefunden, konnten aus unerfindlichen Gründen nicht anrufen und nachfragen (ich war die ganze Zeit erreichbar), sind aufs Blaue hinein zu mir gefahren, haben meine Mutter im Haus angetroffen und mit ihr gesprochen, haben dann zufällig mich als eigentliche Kontaktperson gefunden, ich habe mich ausnahmsweise und trotz vollem Arbeitspensum bereiterklärt, Ihnen die Alpakas hautnah zu zeigen ..... und dann konnten Sie nicht einmal zehn Minuten warten, bis ich hinterherkomme??? All die vorangegangen Mühe und Zeit für umsonst? Wegen zehn Minuten? Wirklich??? Mein Praktikant meinte, dass Ihr Begleiter gedrängelt hat. Das finde ich ein wenig ärgerlich und schade. Sehr schade sogar für Sie und auch auch ziemlich traurig. Für jemanden, der zwei Tage später wieder ins Krankenhaus zur Chemotherapie muß, sollte die Wartezeit von zehn Minuten doch eigentlich unproblematisch sein? Vor allem, da Sie unangemeldet und urplötzlich vor meiner Tür standen .... Nein, ich kann nicht immer alles sofort stehen und liegen lassen .....
Ich hoffe trotzdem das Beste für Sie und hoffe, dass die Behandlung erfolgreich ist. Vielleicht haben Sie ja danach mehr Zeit, die Tiere kennenzulernen.
Herzliche Grüße,
Ihre Lama- und Alpakahofbesitzerin Anita Selig-Smith,
(die erst nach über 12 Stunden Arbeitszeit endlich Feierabend machte und mit ihren Kinder noch fix vor dem Schlafengehen in den See zum Abkühlen sprang, damit außer Arbeit auch noch etwas anderes den heutigen Tag ausmachte .....)